„Musikalische Bildung darf nicht zur Ware werden“

21.06.2015

„Musikalische Bildung darf nicht zur Ware werden“ 

Verband deutscher Musikschulen (VdM) Landesverband Saar warnt vor Folgen  der aktuell diskutierten internationalen Freihandelsabkommen TTIP und TiSA

Sollten die internationalen Freihandelsabkommen TTIP und CETA sowie das Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen (TiSA) beschlossen werden, hätte dies auf die Bildungs- und Kulturlandschaft verheerende Auswirkungen. „Wir teilen diese vom Deutschen Musikrat geäußerte Befürchtung“, erklärt Dieter Boden, Vorsitzender des Verbands deutscher Musikschulen (VdM) Landesverband Saar. „Auch schließen wir uns der Auffassung des Generalsekretärs des Deutschen Musikrates, Prof. Christian Höppner, an, der im Falle einer Privatisierung sämtlicher öffentlicher Dienstleistungen das Ende einer öffentlichen Bildungs- und Kulturfinanzierung kommen sieht und an die Politik appelliert, die Gemeinwohl-orientierung öffentlicher Aufgaben nicht zum Spielball marktliberaler Interessen zu machen“, so Boden. Eine Gleichbehandlung öffentlicher und privater Musikschulen wäre aus Sicht des VdM Saar ein fataler Schritt in die falsche Richtung. „Bei allem Respekt für die Arbeit privater Musikschulen: als kommerziell orientierte Unternehmen oder freiberuflich Tätige unterscheiden sie sich hinsichtlich ihres Profils grundlegend von öffentlichen Musikschulen in Trägerschaft von Kommunen oder Landkreisen. Denn diese erfüllen als gemeinnützige Einrichtungen einen öffentlichen Bildungsauftrag und sind zur Einhaltung hoher Qualitätsstandards verpflichtet“, so Dieter Boden. 

Öffentliche Musikschulen garantieren hohe Qualitätsstandards  

Während private Musikschulen bei der Auswahl ihres Personals völlig frei sind, sind öffentliche Musikschulen, die Zuschüsse des Landes erhalten, an klare Standards gebunden. „Um einen Unterricht auf hohem pädagogischen und fachlichen Niveau anbieten zu können, arbeiten an den öffentlichen Musikschulen Musiker und Musikpädagogen mit einem Abschluss an einer deutschen Musikhochschule“, so Boden. „Darüber hinaus gewährleisten wir eine von Personen unabhängige Kontinuität und Verlässlichkeit und sind dem Gemeinwohl verpflichtet. Deutlich wird dies etwa anhand unserer zahlreichen Kooperationsprojekte, mit denen wir musikalische Breitenförderung in Kitas und an Grundschulen betreiben.“ Außerdem wirken die öffentlichen Musikschulen als Organisatoren des musikalischen Lebens in Städten und Gemeinden und binden dabei unterschiedlichste Akteure von Musikvereinen über Chöre und Laienorchester bis zu Schülern anderer – auch privater – Musikschulen als Netzwerkpartner ein.  

Auch die Unterrichtsinhalte sind klar definiert. So gibt es einen detaillierten Ausbildungsplan für die Hauptfächer (Instrumental- und Gesangsunterricht), die Ensemblefächer sowie die theoretischen Ergänzungsfächer bishin zur Studienvorbereitung. „Ein großes Plus öffentlicher Musikschulen ist auch die Vielfalt der Angebote“, erklärt der saarländische Landesvorsitzende des VdM. Diese Vielfalt betreffe nicht nur die zahlreichen  Instrumente, die man an öffentlichen Musikschulen lernen kann, sondern auch die Bereiche Ensemblespiel, Wettbewerbe und Veranstaltungen wie regelmäßige Schülervorspiele und Konzerte. Die Ensembles der öffentlichen Musikschulen stehen jedermann offen, unabhängig davon, ob er an der Musikschule Unterricht nimmt oder nicht. „An einigen unserer VdM-Musikschulen ist dieses Angebot für Externe sogar kostenfrei“, so Boden.

Die „Zugänglichkeit“ ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal öffentlicher Musikschulen. „Zugänglichkeit ist zum einen geographisch zu verstehen“, erklärt Dieter Boden. „Wir sorgen dafür, dass unsere Angebote für die Menschen in der jeweiligen Kommune beziehungsweise dem jeweiligen Landkreis gut zu erreichen sind, etwa durch Zweigstellen in verschiedenen Gemeinden oder Stadtteilen und dezentrale Unterrichtsangebote auch fernab der Ballungszentren.“ Zum anderen verbinden öffentliche Musikschulen mit „Zugänglichkeit“ den Anspruch, allen Menschen – unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten, ihrer Herkunft oder ihres Alters – die Chance auf musikalische Bildung zu eröffnen. So bieten Sozial- und Familienermäßigungen auch finanziell weniger gut gestellten Bürgern die Möglichkeit, Unterricht an einer öffentlichen Musikschule zu nehmen beziehungsweise ihr Kind dort anzumelden. 

„Musikalische Bildung darf nicht zur Ware werden“, darin sind sich die sieben saarländischen VdM-Musikschulen einig. „Und für den Bürger muss im Sinne des Verbraucherschutzes klar sein: wo öffentlich gefördert draufsteht, muss auch die entsprechende Qualität drin sein. Wir können dafür bürgen, und beweisen seit nunmehr 60 Jahren, dass wir dem öffentlichen musikalischen Bildungsauftrag in vorbildlicher Weise gerecht werden. Dieses Engagement wird im Saarland sowohl auf kommunal- als auch auf landespolitischer Ebene parteiübergreifend anerkannt. Dafür sind wir – gerade vor dem Hintergrund der aktuellen TTIP- Debatte – dankbar.“

Hintergrund

An den sieben saarländischen VdM-Musikschulen werden aktuell rund 9.500 SchülerInnen unterrichtet. Etwa 5500 SchülerInnen nutzen die klassischen Unterrichts- und Ensembleangebote, die in der Regel innerhalb der Musikschule stattfinden, rund 4000 werden in Kooperationsprojekten in Kitas und allgemeinbildenden Schulen von Musikschul-Lehrkräften unterrichtet. Mitglieder des  VdM Landesverbandes Saar e.V. sind die Musikschule der Landeshauptstadt Saarbrücken, die Musikschule im Landkreis Merzig-Wadern, die Musikschule Sulzbach-/Fischbachtal, die Städtische Musikschule Homburg-Saar, die Musikschule Püttlingen, die Musikschule Obere Saar Kleinblittersdorf  und die Musikschule im Landkreis St. Wendel. Weitere Infos unter www.musikschulen-saar.de